In der Sippung zu Ehren des ES Walter von der Vogelweide erweckte Rt Skandolino den namhaften Dichter und lies ihn wie leibhaftig von der Rostra zu uns sprechen.
Schlaraffen hört, Eure Herrlichkeit,
nun hab ich endlich ein Dach über dem Kopf, das mein eigen ist. Ein kleines Lehen hab ich durch des Kaiser Friedrich Huld bekommen in der Nähe der Pfalz Würzburg, wo ich oft gesungen ihn zu loben und zu preisen. Einig waren wir uns immer, der Kaiser und ich, in der Verachtung des Oberpfaffen in Rom. Ihr erfahrt´s in meinen Liedern. Endlich kann ich mich am Feuer des eigenen Herdes ausruhen nach langer Wanderschaft als fahrender Sänger. Oh, wie hab ich mich gesehnt nach den eigenen vier Wänden in mancher Winternacht ausgeliefert der Gnad eines Herren, der sich meiner erbarmte, nach dem ich zu seinen Preis gesungen und ihn berichtet von der Zeitung im Reiche der Deutschen.
Ich ward Walter von der Vogelweide geheißen. Meine Herr Vatter war nicht von Adel, eher darunter, also aus dem Stand der Ministerialen, typisch unter Friedrich, dem Kaiser. Geboren wurde ich nah einer Burg, einem Ort, wo sie die Falken zur Jagd erzogen, eine Weid für die Vögel halt. Wo das genau war im heiligen römischen Reiche der Deutschen, darüber wurd viel gemunkelt. In Südtyrols Gauen , in Böhmen, zu Würzburg und was weiß ich, soll es gewesen sein. Ich weiß es nit mehr. Jetzt bin ich halt hier in Würzburg gelandet und will es auch bleiben.
Schon früh lernte ich die Laute schlagen und anmutig singen. Meine Lehrzeit war am Hofe zu Wien unter dem Schutz meines erlauchtigsten Herrn Herzog Leopold. Hier lernte ich singen und sagen, wie man so meint. Der löbliche Sänger Reinhard von Hagenau hat mich dort unterwiesen im Gesang der Minne , der anfänglich hohen, wie es halt üblich in diesen Zeiten. Es entstanden, erst holprich im Duktus, dann später beachtliche Lieder, die mich bekannt machten im Reiche.
Ich wurde ein wenig berühmt und blieb doch ein fahrend Geselle, der von Hof zu Hof zog. Oft mußt ich knirschen mit den Zähnen ob der geizigen Gönner, die mich nicht meines Wert im Reich nach entlohnten. Ich fand für die Knicker Lieder des Spottes besonders gegen Markgraf Dietrich von Meißen, Kaiser Otto und den Herzog Bernhard von Kärnten. Das waren die Schlimmsten. Es freut mich klammheimlich noch, daß meine Spottlieder über diese Herren über Jahrhundert erhalten, wenn von den Knickrigen niemand mehr weiß.
Ich huldigte in manchen Liedern der Minne der Hohen, heut würd ich sagen der hohlen, wo ich hochwohlgeboren Frauen anhimmeln mußte in meinen Gesängen. Als Preis bekam ich oft eine silberne Rose zu eigen. Ich vermeinete oft eine lüsternen Blick der Angehimmelten zu bemerken, die mich gerne in ihre Kemenate gezogen hätte auf weichen Pfühlen. Da lobt ich mir schon die niedere Minne, Minne in Fleisch und Blut, mit kleinen jungen Mädchen unter der Linde Tandaradei. Pralles Dasein.
Ich kam viel herum im Reicher der Deutschen und wurde zur Zeitung überall all des Geschehens, was sich so zutrug. Der Nachwelt wurden meine Lieder bewahrt. So könnt ihr meiner gedenken, wenn ihr mögt. Es sind eine stattliche Anzahl von 90 solcher Gesänge. Es ist ein Zufall der Geschicht, der bezeugt, daß ich Walter, gelebt hab auf dieser Erde. Denn es gibt eine Rechnung über einen Mantel, gar reich aus Pelz, den mir der Bischof zu Passau geschenkt hat unter Erwähnung meines richtigen Namens. Ein Treppenwitz der Geschichte.
Na ja, an all meine Liedern könnt ihr den gang meines Lebens verfolgen. Gut erinnere ich mich an den Wettstreit der Sänger am Hofe von Hermann, dem thüringer Landgrafen, ein gewaltiger Herr von hohem Ansehn im Reiche. Da versammelten sich 6 Sänger von Namen, ich war dabei, um den Preis, wer an besten den Landgrafen huldigt. Heinrich von Ofterdingen, der Tollpatsch, besang nicht den Landgrafen Herrmann, wie es der Brauch, sondern er sang ein Loblied auf seinen Herrn in Wien. Das war natürlich ein Skandal; ich muß heut heimlich noch lachen. Heinrich kam gottlob mit einem blauen Auge davon, nachdem sogar der Magier Klingsohr aus Ungarn zur Schlichtung herbeikam. Ein gewisser Wagner hat Jahrhunderte später den Krieg der Sänger auf seine Weise erzählet. Sein Held war Tannhäser genannt, der im Hörselberg bei Frau Venus der niederen fleischlichen Minne gefrönt hat und der plötzlich des Edelbordells überdrüssig zum Wettstreit erschien, weil es um des Landgrafen Nichte Elisabeth als Preis ging, heut ein Skandal. Im Gesang verlor sich Tannhäuser wieder in fleischlichen Lust für Frau Venus und mußte deshalb zur Busse wallen nach Rom zum obersten Pfaffen, der ihn abblitzen ließ. Kurzum, am Schluß starben Elisabeth und auch er, gewiß der Gnade, die wie ein Deus ex machina alles bereinigt hat.
Ich könnte noch viel erzählen vom Geschehen im Reich. Lest meine Lieder, wenn es euch auch schwerfallen sollte, denn meine Sprach ward mittelhochdeutsch geheißen.
Um 1230 ist in der schönen Pfalz Würzburg mein Leben zuende gegangen. Da ist auch mein Grab noch. Geht in Lusams Gärtchen, nah dem Neumünster. Da steht meine Tumba aus Stein mit der Tränk für die Vögel. Lest den Spruch, der ist dort gemeißelt:
Herr Walter von der Vogelweide, wer das vergäße, der tut mir leide.
Lulu
Gegeben am 9. im Windmond a. U. 159 von Rt Skandolino